Wenn man die - kaum wegzudiskutierende - Vorbedingung der Himmelsqualität am Wohn-/Beobachtungsort akzeptiert (siehe vorausgehende Seite), reduziert sich die
"Knacknuβ" der Auswahl des Teleskops letztendlich auf zwei Fragen (1. Teleskop und 2. Montierung; siehe Fragen in
gelb).
Wie untenstehend zu sehen sein wird, ergibt sich aus der ersten Frage eine Tendenz, aus der Stadt heraus kleinere Teleskope und die
Fotographie vorzuziehen (rosa Text), während groβe
Teleskope eher für visuelle Beobachtung sind und erst unter einem Landhimmel richtig zur Geltung kommen (grüner
Text).
Erste Frage: Welche Gröβe und welcher Teleskop-Typ ? |
Stadt
Foto
Weil die Kamera viel leistungsfähiger ist, als unser Augen reicht ein Fernrohr (Refraktor) mit 80 mm Durchmesser* vollkommen aus, um sehr gute Fotos von "Deep Sky"-Objekten zu machen. Für die Planeten ziehen die Fotografen häufig ein etwas gröβeres Teleskop vor.
* wegen der besseren Farbkorrektur: ein ED-Achromat oder APO (= Apo-chromat), nicht ein einfacher A-chromat
Visuell
Bei den "Deep Sky"-Objekten (Galaxien, Gasnebel), wird der positive "Lichtsammel"-Gewinn des groβen Teleskops (z.B. eines
Dobson mit 250 mm Durchmesser = 10 Zöller) zu einem groβen Teil durch die Lichtverschmutzung wieder zunichte gemacht. Ein (sehr) groβes Teleskop ist somit in der Stadt kaum von
Nutzen, auβer man ist bereit regelmäβig abends nach der Arbeit die Stadt zu verlassen, um einen besseren Beobachtungsplatz aufzusuchen (Beobachtung als "Nomade", wie die Franzosen es
sagen). Aber bitte an die Müdigkeit nach der Arbeit denken und an die Sperrigkeit eines groβen Teleskops beim Transport: "Das beste Teleskop ist das, was man am häufigsten
benutzt".
Wenn man einen Refraktor visuell nutzen will (100 mm ?), kann man sich auch einen (ED- oder einfachen) Achromaten anstelle
eines Apo-chromaten zulegen (der ist billiger und unsere Augen passen sich leicht an ein nicht ganz ebenes Gesichtsfeld an). Alles hängt also letztendlich von der persönlichen Toleranz
der Rest-Farbabweichung am Rand des beobachteten Objekts ab, die bei Deepsky-Objekten aber irrelevant ist (siehe noch die Bilder und den Text weiter unten).
Für klassische Fernrohre (längere f/ds), sollte man aber auch an den Hebeleffekt und die Schwerpunktverlagerung infolge des längeren Rohres denken (Stabilität -> gröβere Montierung). Und auch daran, daβ man sich niederknien muβ,
wenn man in Zenitnähe beobachten will (wo der Himmel meistens am klarsten ist). Das gilt auch dann, wenn man mit Zenitspiegel beobachtet, ... auβer man besitzt ein sehr hohes
Dreibeinstativ.
Was die günstigeren Spiegelteleskope anbelangt, die keine Farbabweichung haben (Newton, "SC" oder "Mak"; zur Erklärung
siehe rechte Spalte und unter den Bildern weiter unten), so ist zu sagen, daβ Deepsky-Objekte visuell erst so ab 150 mm oder 6 Zoll Durchmesser richtig zur Geltung kommen (der Refraktor
wird zu teuer in dieser Gröβenklasse). Achtung: Newtons mit kurzer Brennweite (f/d 5) müssen immer einen Parabolspiegel haben; also niemals einen Kugelspiegel
nehmen (nachfragen !). Ein 8 Zöller geht auch noch in der Stadt, das Ganze hängt oft von der Gröβe des Balkons ab (siehe rechte
Spalte zum Newton mit f/d 6) und davon, ob man vielleicht einem "SC" oder "Mak" den Vorzug gibt (noch kompakter als ein Newton f/d 5).
Alle Spiegelteleskope haben allerdings einen kleinen Nachteil gegenüber den Fernrohren: der Fangspiegel liegt mitten im Strahlengang, was den Kontrast leicht verschlechtert. Deshalb sollte man, soweit möglich, visuell einen möglichst kleinen Fangspiegel wählen. Aber Spiegelteleskope sind billiger und man kann ja dann die nächsthöhere Gröβe wählen und mehr Licht sammeln.
Wenn man etwas mehr über den (leichten) Kontrastverlust durch die "Obstruktion" des Fangspiegels wissen will, muβ man sich mit der
"Modulationsübertragungsfunktion" (MTF) auseinandersetzen. Dazu verweise ich auf die sehr schöne Seite von Thierry
Légault (auf Englisch).
Land
Visuell
Die Möglichkeiten sind hier theoretisch grenzenlos ! Ein kleines "Teleskop" und sogar ein Fernglas (z.B. 10x40), erlauben schon sehr schöne Beobachtungen am "tiefen Himmel"; allerdings mit Einschränkungen bei Kugelsternhaufen, planetarischen Nebeln und Planeten, wo man hoch vergröβern muβ. Ein "Teleskop" mit kleinem Durchmesser sammelt nicht genügend Licht und das Bild wird dunkel, wenn man höher vergröβert als 1,5 mal den Objektivdurchmesser (in mm).
Unter einem nicht lichtverschmutzten Himmel kann man kurze Brennweiten mit groβem Durchmesser nutzen. Moderne Newtons (u.a. Dobsons)
haben z.B. ein Verhältnis zwischen Brennweite (f) und Durchmesser der Optik (d) = "Öffnungszahl" (oder "Blende" für Fotografen) von 5:1, also ein "f/d von 5". Das gesammelte Licht oder das (Ab-)Bild im Fokus ist daher extrem konzentriert, d.h. lichtstark, obwohl das Bild klein ist, und die Öffnung
erlaubt es, ein groβes Gesichtsfeld zu sehen (was sehr gut ist bei "Deepsky"-Beobachtungen).
Fernrohre = Refraktoren, Schmidt-Cassegrains ("SCs") und Maksutovs ("Maks") haben längere Brennweiten und, daraus
resutierend, kleinere Gesichtsfelder (Öffnungszahl
von f/d=10 bis f/d=15; Refraktoren neuerdings f/d=7). Bei den SCs und Maks werden die Lichtstrahlen in kurzen Tuben "vor und zurück" reflektiert, was sie leichter macht und
einfacher zu transportieren. Sie sind, wegen der längeren Brennweite, besser für die Planetenbeobachtung geeignet, wo es auf Details ankommt. Weil die Bilder im Fokus gröβer sind als die
Mini-Bilder im Brennpunkt eines f/d=5 Newtons, kann man folglich einfacher herzustellende Okulare mit längeren Brennweiten (und angenehmerem Einblick) nehmen, um dieselbe Vergröβerung zu
erreichen: die Brennpunkt-Bilder sind bei doppelter Brennweite 4-fach so groβ (Fläche = Quadrat). Auβerdem ist es einfacher, den Brennpunkt zu finden (die Fotografen nennen das
"Tiefenschärfe").
Günstigere Okulare vertragen übrigens längere Brennweiten viel besser (und sind in diesem Fall genauso gut wie die teuren Okulare). Wenn der Balkon es erlaubt,
erscheint es daher angebracht, auch über einen Newton f/d=6 anstelle eines f/5 nachzudenken.
Abgesehen vom Budget sind die Grenzen des "Lichteimers" unter einem dunklen Himmel somit eher durch das Gewicht und die Sperrigkeit des
Instruments bestimmt.
Viele Anfänger zögern hinsichtlich des Newtons, weil man nicht "von hinten" durch das Teleskop beobachtet (wie durch ein Fernrohr), sondern von der Seite. Man gewöhnt sich jedoch sehr schnell daran und man hat ja den Sucher zum "Anpeilen". Für die anderen Teleskope und Refraktoren braucht man auβerdem auch einen Zenitspiegel (wegen der wenig bequemen Position für den Nacken des Beobachters in Zenitnähe), sodaβ es letztendlich egal ist: Man beobachtet immer im rechten Winkel zur Beobachtungsrichtung, egal ob es sich um einen Refraktor oder um einen Reflektor handelt.
Foto
Ein nicht-lichtverschmutzter Himmel hilft natürlich auch bei der Fotographie. Aber (sehr) groβe Teleskope sind für die Fotografie nicht notwendig. Die Kamera ist so viel leistungsfähiger als unser Auge (obwohl viele Fotografen auch sehr schöne Fotos mit einem 8 Zoll "SC" machen).
Strahlengang im:
(a) Fernrohr/Refraktor (b) Newton (c) (Schmidt-) Cassegrain oder Maksutov
Quelle: wikipedia (keine hinreichende "Schöpfungshöhe" für Urheberrecht)
Wenn die Lichtstrahlen die erste Linse eines Achromaten ("Fernrohres") passieren, werden sie in die verschiedenen Farben des Spektrums aufge"brochen" (daher der Name "Refraktor" = linkes Bild). Dies kann linsentechnisch nicht vermieden werden und hat zur Folge, daβ helle Objekte (Sterne, Planeten, der Mond und selbst die Krater auf dem Mond) mit einem Farbrand versehen sind ("Regenbogeneffekt"), ähnlich wie beim Durchgang von Strahlen durch eine Prisma. Das "gebrochene" Licht wird anschlieβend mittels Korrekturlinsen, die aus einer anderen Glassorte bestehen und das Licht "anders(herum)" brechen, wieder zusammengeführt, aber mehr oder weniger perfekt: A-chromat gegen Apo-chromat. Deshalb haben Refraktoren mindestens zwei, manchmal drei oder sogar vier Linsen.
Spiegelteleskope ("Reflektoren") "spiegeln" dagegen lediglich das Licht und "brechen" es nicht (und der Regenbogeneffekt entsteht erst gar nicht).
Dafür haben sie den Nachteil der Obstruktion (siehe oben, linke Spalte am Ende).
Zweite Frage: Wie wichtig ist eine gute Montierung (und ein gutes Stativ) ? |
Foto = SEHR wichtig
Für die (Langzeit-) Fotografie braucht man eine parallaktische oder äquatoriale Montierung (die parallel
zur Erdachse und zum Erdäquator ausgerichtet werden muβ und nicht parallel zum Horizont unseres Beobachtungsortes, wie das bei alt-azimutalen Montierungen der Fall ist). Sie muβ von guter
Qualität sein und zwei Motoren besitzen (für jede Achse einen), um der - durch die Erddrehung bedingten - Bewegung der Sterne folgen zu können. Dazu gehört auch, daβ die Montierung
der Drehung (Verkippung) der Nord-Süd-Achse des Beobachtungsobjektes folgen kann, die sich daraus ergibt, daβ die Himmelsobjekte zwischen Aufgang, Meridianpassage und Untergang einer
bogenförmigen Bahn folgen (siehe die Bilder und den Text weiter unten). Die motorisierte (!) alt-azimutale Montierung bewegt sich dagegen "stufenweise" vorwärts
und folgt somit nicht ständig und ununterbrochen, sondern nur "schrittweise" der Bewegung der Sterne ! Für die Fotografie sind daher eine sehr gute
Montierung und ein stabiles Stativ wichtiger als das Fernrohr, welches für Fotografen letztendlich nichts anderes ist, als ein "Foto-Objektiv
mit sehr langer Brennweite".
Daraus ergeben sich Kosten für Montierung und Stativ, die diejenigen der Optik ohne weiteres
erreichen und diese sogar überschreiten können.
Visuell = nicht wichtig
Man kann sich ohne Probleme mit einer alt-azimutalen Montierung zufrieden geben, die man nur händisch nach oben/unten und rechts/links
bewegen kann, ohne der konstanten nächtlichen Bewegung der Sterne zu folgen. Die Dobson-Montierung ist eine solche alt-azimutale Montierung, aber es gibt sie auch für Stative. Die alt-azimutale Montierung hat viele Vorteile, wovon hier vorallem das geringe Gewicht und die Einfachheit der Manipulation, sowie die direkte Nutzbarkeit
ohne komplexe Voreinstellungen "da wo man sie hingestellt hat", zu nennen sind. Ich komme am Ende der Seite "Sucher" nochmals auf diesen Punkt zurück.
Foto
Man kann von hellen Himmelsobjekten (Mond, Planeten) auch mit einer alt-azimutalen Montierung detailreiche Fotos machen, indem man entweder "Schnappschüsse" mit der Handyhalterung macht, oder aber - bei schwächeren Objekten - auf dem Komputer eine Vielzahl von kurzen Belichtungen kombiniert (sog. "stacking"). ... Und mit einer exakten (!) Äquatorial-plattform (ich kenne sie nur visuell zur Planetenbeobachtung) kann man möglicherweise die Belichtungszeiten sogar auf ca. 45 Minuten verlängern.
Motorisierte Nachführungen (mit oder ohne "go to")
Es ist wichtig zu wissen, daβ es zwei Arten von Montierungen mit motorisierten Nachführungen gibt, die "goto" * per Bordkomputer (oder mit WLAN per externem Handy oder Komputer) erst ermöglichen. Obenstehendes Bild zeigt Mars auf seiner Bahn um die Erde während einer Nacht.
Bitte die Position der Polkappe beachten !
Die motorisierte parallaktische/äquatoriale Montierung folgt (wenn sie vorher gut auf den Himmelsnordpol
ausgerichtet wurde) der Bewegung der Polkappe stetig und ohne Pause (und die Kamera tut es ihr nach). Wie der Name sagt, ist die äquatoriale Montierung eine alt-azimutale
Montierung, die in einem Winkel aufgestellt ist, der der geographischen Breite des Beobachtungsstandpunkts entspricht (die ja vom Äquator aus gerechnet ist). Die parallaktische
Montierung simuliert also eine Position des Teleskops und des Beobachters im Zentrum der
Erde mit dem Erd-/Himmelsäquator als Horizontlinie (die Pfeile im Link mit der Maus bewegen **), was dazu führt daβ - trotz der Bogenbewegung der
Marsbahn - die Polkappe (und die Nord-Südachse und die Meere und Kontinente) des Mars ständig senkrecht zur Aufnahmeposition der Kamera stehen.
Die (motorisierte) alt-azimutale Montierung ("alt" bedeutet "Altitüde" =
"Höhe") bewegt sich demgegenüber
stufenweise. Im Bild-Beispiel bleibt sie auf der Position Nr. 1 bis zur ersten Stufe, danach "springt" sie auf die zweite Stufe und bleibt dort (zeitweise) stehen, um schlieβlich später
wieder auf die erste Ebene herunterzusteigen. Das Langzeitfoto ist also "verwischt", weil die Nord-Südachse (und die Polkappe und die Meere) des Mars nicht ständig dieselbe Position
gegenüber der Kamera einnehmen. Im Beispiel (nur drei Schritte, in Wirklichkeit sind es mehr) würde man somit
drei übereinandergelegte Fotos erhalten, bei denen jedesmal die Nord-Südachse ein Stück verschoben
ist, obwohl man die Montierung während der (Langzeit-) Aufnahme nicht berührt hat.
Aus dieser Ost-West-Verkippung der Achse der Himmelobjekte im Laufe der Drehung um die Erde ergibt sich somit, daβ man einfach keine
Langzeitbelichtungen mit einer alt-azimutalen Montierung machen kann, selbst wenn diese motorisiert ist.
* "Nachführung" und "Goto" sind nicht dasselbe: die "Nachführung" erlaubt dem Teleskop / der Kamera dem Himmelsobjet in seiner - durch die Erddrehung verursachten - Bewegung zu folgen (Motoren); "Goto" benutzt vorhandene Motoren, um mit ihnen das Teleskop zu der Stelle hinzudirigieren, wo sich das gesuchte Objekt gerade am Himmel befindet. Dazu bedarf es eines Komputers / einer Software (oder einer App), und es wird vorausgesetzt, daβ die Montierung perfekt "eingenordet" und die App auf den Beobachtungsort "geeicht" ist. (Wenn diese Bedingungen alle erfüllt sind, vermeidet man also das Aufsuchen des Objekts mit dem Sucher). Darüberhinaus gibt es noch "push to"-Systeme ohne Motoren, wo man das Teleskop manuell "schiebt" (Dobsons), bis der Komputer / die App "Bingo" sagt, weil man an der richtigen Stelle ist).
** Die
Simulation stammt von der wunderbaren Seite der University Lincoln of Nebraska/US auf der sich noch viele weitere Simulationen zur Bewegung der Himmelkörper
befinden.
Zur Auswahl der Montierung (alt-azimutal oder parallaktisch/äquatorial) und den resultierenden Konsequenzen, siehe noch am Ende der Seite "Sucher" (im Rahmen).
Wer tiefer einsteigen will in die Funktionsweisen von alt-azimutaler und parallaktischer/äquatorialer Monitierung, den verweise ich noch auf die meine Unterseiten
"Himmelsmechanik & äquatoriale
Montierung", sowie "Höhe &
Azimut". (Aber um mit der Beobachtung zu beginnen, ist das Lesen dieser Seiten nicht unbedingt nötig).
Auf den nächsten drei Seiten geht es um Okulare.