Siehe auch: Mit den Sternen tanzen

 

 

 

 

Formeln für das Gesichtsfeld (scheinbares und wahres)

In der folgenden Tabelle findet Ihr Formeln für

  • das scheinbare Gesichtsfeld des Okulares allein und
  • für das wahre Gesichtsfeld am Himmel (Okular und Fernrohr/Teleskop zusammen).

Die Formeln sind in die Tabellen integriert (= gelbe Zeilen), weil ich finde daβ man den Einfluβ der verschiedenen Elemente der Einheit Okular-Teleskop (z.B. der Feldblende = grüne Zeile in der ersten Tabelle) besser versteht,  wenn man die Formeln auf Okulare anwendet, die man im Handel findet.

 

 

Diese erste Tabelle berechnet das scheinbare Gesichtsfeld (= den Winkel, unter dem man den Innenrand des Endes der Okularhülse oder die Feldblende sieht) und das wahre Gesichtsfeld (= den Winkel unter dem man den Rand des Objektivs/Spiegels durch Okular und Teleskop sieht)  für

  • ein und dasselbe Teleskop mit der Öffnungszahl F/D = 6 (Newton 200/1200)
  • und zwei verschiedenen Okularen in 2 Zoll (eines von 30 mm und eines von 38 mm  = roter Hintergrund), die im Handel sehr einfach zu finden sind.

Die Rechnungen für die beiden Okulare mit denselben Brennweiten in 1,25 Zoll (blauer Hintergrund) sind nur zu Vergleichszwecken gemacht. Weil die Okulare in 1,25" keine echten, im Markt gefundenen Okulare sind, habe ich als Feldblende den maximalen, theoretisch noch möglichen, Innen-Durchmesser der 31,75 mm Okularhülse genommen, also 27 mm (31,75 mm minus 2x2 mm Wandstärke der Hülse).

 

Ich wollte vorallem die Bedeutung der Feldblende (grüne Zeile) hervorheben, in deren Mitte der Brennpunkt liegt.

 

Für klassische Okulare entspricht die Feldblende dem Durchmesser der letzten Linse (oder einer kleineren Feldblende direkt davor) des Okulares in Richtung des "Feldes" (von der Augenlinse durch das Okular hindurch gesehen). Bei modernen Okularen liegt die Feldblende innerhalb des "Linsenturmes" dieser Okulare, weil diese Okulare eine "Barlowlinse" integriert haben (sog. „Smyth lens“), die mit der Brennweite des Teleskops (!) spielt (siehe die Abbildung des Nagler-Okulars gegen die des Orthos auf der Seite "Okulare"). Da sich die Feldblende somit zwischen der normalen Feldlinse und der Barlow befindet, kommt man nicht (leicht) an die Feldblende heran, um deren Durchmesser zu messen. Aber die "guten" Verkäufer geben diese Zahl auf ihren Internet-Seiten an.

 

 

Man ersieht aus obenstehender Tabelle, daβ das:

  • 30 mm Okular mit einem scheinbaren Gesichtsfeld von 80° nur eine Feldblende von 41 mm hat, während das
  • Okular von 38 mm mit nur 70° scheinbarem Gesichtsfeld eine Feldblende von 46 mm hat.

Daraus ergibt sich,  daβ die 70° scheinbares Gesichtsfeld bei dem F/6 Teleskop ein gröβeres wahres Gesichtsfeld am Himmel zeigen, als das Okular mit 80° scheinbarem Gesichtsfeld (2.20° gegen 1.96°).

 

Wegen der längeren Brennweite des 38 mm Okulares, ist aber natürlich auch die Vergröβerung kleiner.

 

Es kommt also auf das wahre Gesichtsfeld an und nicht auf das scheinbare !

***

 

 

Und dann noch eine zweite Tabelle.

 

Hier werden ausschlieβlich Plössl-Okulare verwendet, die normalerweise ein scheinbares Gesichtsfeld von 50) - 52° haben:

  • zwei identische Okulare mit einer Brennweite von 32 mm, und
  • zwei identische mit einer Brennweite von 40 mm.

Diese (ausschlieβlich) 1.25 Zoll Okulare werden aber in den Okularauszug von zwei verschiedenen Teleskopen gesteckt:

  • einmal in einen Newton 150/750 (F/D von 5) = blauer Hintergrund, und
  • dann in einen Maksutov (F/D von 15) = roter Hintergrund.

Der Feldblenddurchmesser spielt hier keine Rolle: alle Okulare haben dieselbe Feldblende von 27 mm (= maximal).

Wie gesagt haben Plössls normalerweise ein scheinbares Gesichtsfeld von 50° bis 52°. Aber nach der Rechnung ergibt sich schon für die 32mm Okulare nur noch ein scheinbares Gesichtsfeld von 48,37°. Dies liegt darin, daβ die Beschneidung durch die Innenseite der Okularhülse sich - bei meiner vorsichtigen Hypothese des Innendurchmessers der Hülse von 27 mm - schon beim 32 mm Okular bemerkbar macht. Das ist wirklich nicht weiter schlimm, da das Auge diese leichte "Vignettierung" (Abdunklung) am Bildfeldrand nicht sieht. Und wenn es dem Hersteller noch gelingt, eine Linse von 29 mm Durchmesser in die Okularhülse von 31,75 mm Durchmesser (Aussenmaβ !) hineinzupacken, wären die 52° sowieso erreicht.

 

Bei 40 mm Brennweite (in 1,25") ist das jedoch anders. Schaut mal auf das scheinbare Gesichtsfeld der 40 mm Okulare im Vergleich zum normalen Feld eines Plössls. Die Verkäufer geben für die 40 mm Okulare die 50° oder 52° schon gar nicht mehr an, sondern 46°, manche sogar 43°. Aber die Rechnung ergibt noch deutlich weniger, ... kaum 39° (dunkelblaue Zellen). Das ist die Erklärung des "Tunneleffekts": die Begrenzung durch den Innendurchmesser der 1,25" Okularhülse schlägt hier voll durch.

 

Kauft also niemals ein 40 mm Okular (oder allgemeiner gefasst: ein sehr langbrennweitiges Okular) in 1,25 Zoll !

 

 

Aber die Tabelle zeigt schlieβlich noch etwas: den Unterschied zwischen der Öffnungszahl F/D = 5 des Newtons gegenüber der F/D = 15 des Maksutovs in Bezug auf das wahre Gesichtsfeld (am Himmel); siehe die weiβ umrandeten Zahlen: 2,06° gegen 0,69°.

 

Ich weiβ schon, daβ es auch Maksutovs mit F/12 gibt; ... aber das ändert kaum etwas im Verhältnis zu einem Celestron oder einem Achromaten mit F/10; ... und ich wollte halt hier wirklich den Unterschied aufzeigen. Beim 180er Mak, der einen 2" OAZ hat, ist die Situation natürlich etwas besser.

 

Für eine partielle, aber schon gar nicht so schlechte Lösung des Gesichtsfeld-Problems des Mak mit einem 1.25" OAZ, siehe noch auf meiner vorigen Seite gegen Ende des Textes zum "Ersten Okular". (Ich habe aber nur am SC und nicht am Mak getestet).

 

Achtung: Ich sage nicht, daβ der Maksutov nicht gut sei, eine lange Brennweite hat viele Vorteile (siehe meine - subjektiven - Aussagen auf den Seiten über die Wahl des Teleskops und noch über die Wahl der Okulare), aber er hat auch Nachteile. Der Newton mit F/D 5 hat auch Nachteile, z.B. "die" (nicht: "das") Koma ... ... Aber bevor ich jetzt selber in's Koma falle, höre ich lieber auf !

 

 

Man kann einen Eindruck vom Effekt der Koma am Bildfeldrand eines kurzbrennweitigen Newtons bekommen (es ist aber nur ein Eindruck, nicht dasselbe), wenn man das Bild des defokalisierten Sterns auf der übernächsten Seite ("Justierung") betrachtet. Dieser Effekt der Koma (der einem Parabolspiegel systemimmanent ist und unabhängig vom Kollimierungszustand des Teleskops) zeigt sich aber nur, wenn man den defokalisierten Stern an den Bildfeldrand stellt, was zur Konsequenz hat, daβ die Lichtstrahlen des Sterns schräg auf den Hauptspiegel fallen (siehe noch Beitrag Nr. 5 hier) ! Im Unterschied zur Dejustierung, zeigt sich der Effekt aber auch am fokaliserten Stern ("erfahrene Hasen" sehen dann ein "Schwänzchen"). Es ist aber zu sagen, daβ der Effekt nur sehr wenige visuelle Beobachter (an Teleskopen bis zu f/5 herunter) stört oder überhaupt von ihnen bemerkt wird. Das ist anders bei noch kürzeren Brennweiten (es gibt ja auch groβe Dobsons mit f/3.5) und in der Fotographie. Im Prinzip kann man diese optische Aberration also vergessen. Es gibt viele optische Fehler, die schlimmer sind, wie z.B. den Astigmatismus (siehe auch noch den 1. Link unterhalb der Bilder von Otterstedt im Astigmatismus-Link, weil das von Otterstedt gezeigte Strich-Beispiel ein Fall von sehr extremer Koma ist: bei leichte(re)m Astigmatismus ist der defokalisierte Stern - auch im Zentrum des Gesichtsfeldes - oval und das Oval ist extra- und intrafokal um 90° gedreht; der fokalisierte (!) Stern bildet ein Kreuz und keinen Punkt. Astigmatismus entsteht häufig durch die Verkippung eines optischen Elements, kann aber auch von einem Fehler "im Glas" kommen (Fangspiegel ?). Okulare produzieren (sogar oft) auch Astigmatismus, der aber kaum sichtbar ist.

 

Also konzentriert Euch lieber darauf, den "tiefen Himmel" zu untersuchen, als die optischen Elemente Eures Teleskops!

 

 

 

Ihr könnt meine Excel-Tabelle (die erste oben) von meiner Dropbox herunterladen (die roten Zellen enthalten Formeln, also nicht verändern): https://www.dropbox.com/scl/fi/5o257po6og1ua3lkuy9ka/Gesichtsfeld.zip?rlkey=mz9mjnv9vmvs57bczblgezqij&st=79sf06f4&dl=0

 

Und im folgenden Link kann man alle Daten von Teleskop und Okular eingeben, um ein realistisches Bild des wahren Gesichtsfelds zu erhalten. Man kann die Bilder von mehreren Okularen zum Vergleich "übereinanderlegen" (mit "add to view").

 

 

 

 

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